York Höller
»Prolog und Abgesang«. Orchestrale Fantasie nach einem Motiv von Robert Schumann (2024)
Toshio Hosokawa
»Genesis« Konzert für Violine und Orchester (2020)
Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92 (1811–12)
- Akiko Suwanai Violine
- Gürzenich-Orchester Köln
- Osmo Vänskä Dirigent
Einführung 50 Minuten vor dem Konzert
Ludwig van Beethoven habe seine 7. Sinfonie wohl volltrunken aufs Papier geworfen oder sei sogar reif fürs Irrenhaus. So mutmaßte nach der Uraufführung manch ein Zeitgenosse. Rauschhaft und wild, exzessiv und frei von allen Fesseln: Was Beethoven da in seinem Opus 92 zur Welt bringt und auf die Zuhörerschaft loslässt, das sind in drei von vier Sätzen maximale Urgewalten, furiose Stürme, bei denen jeder selbst entscheiden mag, ob hier militärisches Zeitgeschehen oder entfesselte Tanzwut zum Klingen kommt. Im legendären zweiten Satz insistiert der große Meister beharrlich auf ein und demselben Rhythmus. Eine Prozession? Ein Trauermarsch? In jedem Fall haben sich später etliche Kinofilme hier dankbar bei Beethoven bedient.
Ein Kompositionsprozess und ein Geburtsvorgang haben durchaus gewisse Ähnlichkeiten. Aufs Innigste verbunden mit großen Hoffnungen, Sorgen und Träumen ist sowohl die biologische wie auch die kreative Schwangerschaft. Irgendwann aber ist der Moment da: Dann heißt es hinausgehen in die Welt und unwiederbringlich abgenabelt eine eigene Zukunft beginnen. Der japanische Komponist Toshio Hosokawa spürt in seinem Violinkonzert »Genesis« (Ursprung, Entstehung) diesem urmenschlichen Phänomen auf faszinierende Weise nach. Ein Wachsen und Werden in Richtung entfesselter Unabhängigkeit, so könnte man diesen auskomponierten Schritt der Solovioline hinein ins musikalische Leben bezeichnen. Ein abenteuerlicher Pfad zwischen Verschmelzung, Konflikt und Rückkehr in die Harmonie des Klangs. That’s life.
Das Gürzenich-Orchester spielt seit jeher gerne den musikalischen Geburtshelfer und fiebert einem neuen Werk von York Höller entgegen. Ein Komponist, der seinen ganz eigenen wechselvollen Weg als Künstler mit offenen Ohren und frei von dogmatischen Einengungen geht.