»Für sowas verdient der Mann ein paar Jahre Gefängnis«, regte sich der Kritiker einer späteren Aufführung in Wien auf. Gut, dass Mahlers riesenhafte Dritte 1902 zum ersten Mal nicht in der Hauptstadt der klassischen Musik, sondern im von Wien aus gesehen eher entlegenen Krefeld zu hören war, übrigens mit triumphalem Erfolg. Mahler selbst stand am Pult, es spielte das Gürzenich-Orchester. Die nie dagewesenen Ausmaße des symphonischen Getüms wusste der Komponist zu erklären: Gehe es ihm doch darum, mit musikalischen Mitteln eine Welt zu bauen. Mahlers dritte Welt beginnt mit einem dramatischen Marsch: Soll etwa so der Einzug des Frühlings klingen, wiedererwachende Natur? Mehr als eine halbe Stunde dauert allein der erste Satz. Knapper fallen die Erzählungen der Blümelein auf der Wiese und der Tiere im Wald aus. Ein Altsolo spricht, in Nietzsches Worten, den Menschen direkt an, bevor dann die Engel in himmlisches Bimbam ausbrechen. Doch das letzte Wort dieses Weltpanoramas kommt ohne Worte aus: Hier singt die Liebe selbst, »ruhevoll«, endlos strahlend: Eine Verlängerung des 19. Jahrhunderts oder ein Portal zur Moderne? Von hier aus konnte die Musikgeschichte nur anders weiter gehen. Wie – das steht im Zentrum dieser Konzertsaison.