Franz Schubert
Sinfonie Nr. 7 h-Moll, D 759 »Die Unvollendete« (1822)
György Ligeti
Violoncellokonzert (1966)
Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 9 d-Moll, WAB 109 (1887-96)
- Jean-Guihen Queyras Violoncello
- Gürzenich-Orchester Köln
- François-Xavier Roth Dirigent
Zwei Fragmente, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Während Franz Schubert seine »Unvollendete« zu keinem Finale brachte, weil er die Komposition schlichtweg als Torso zur Seite legte, nahm der Tod Anton Bruckner die Feder aus der Hand. Hier der liebenswürdige, ach so tragisch Frühvollendete, dort der knorrige Einzelgänger, beide aber auf jeweilig ganz individuelle Art visionäre Zukunftsbereiter.
Warum Schubert die Arbeit an seiner Siebten abbrach, gibt bis heute Rätsel auf. Hatte er den Eindruck, seinem Vorbild Beethoven zu epigonal nachgeeifert zu haben? Oder war er der Meinung, das Werk sei in seiner Zweisätzigkeit vollständig und bedürfe der traditionellen viersätzigen Form nicht? Dabei hat sich die Rezeption dieses unvollendeten Geniestreichs in Anbetracht von Schuberts kurzem Leben nach und nach zum Mythos verselbständigt. Tatsächlich aber ist die »Unvollendete« nur eine von fünf Sinfonien, die Franz Schubert als Fragmente hinterließ.
Auch dass Bruckner seine Neunte als Höhepunkt seines Schaffens dem »Lieben Gott« widmete, wie allgemein behauptet, ist nirgendwo eindeutig verbürgt. Ein weiterer Mythos also, geboren aus schauderndem Respekt vor dem Tod, der auch auf die Entstehung von epochalen Geniestreichen keine Rücksicht nimmt.
Der Beginn im achtfachen Pianissimo steht wie ein Motto über György Ligetis Cellokonzert: Kein roter Teppich für den glanzvollen Auftritt wird dem Solisten da ausgerollt, vielmehr bekommt er ein Skalpell in die Hand. Mit dem lotet er einen Bereich zwischen völliger Stille und kaum Hörbarem, zwischen Punkt und Linie, zwischen Klang und Geräusch. Eine Art »Anti-Konzert« mit geradezu hypnotischer Wirkung.