»Eine unerhört geistreiche Interpretation«

Dmitrij Kitajenko und das Gürzenich-Orchester stehen seit Jahrzehnten schon für maßstabsetzende Aufnahmen des russischen Repertoires. Nach den gefeierten und vielfach ausgezeichneten Gesamteinspielungen der sinfonischen Werke von Schostakowitsch, Tschaikowsky und Rachmaninow, um nur einige zu nennen, erscheinen nun zwei außergewöhnliche Werke von Rachmaninow und Sergej Taneev, die Chor und Solisten mit einbeziehen.

Sergej Rachmaninow wählte 1913 ein Gedicht von Edgar Allan Poe als Grundlage für eine große Chorsinfonie, die in vier Teilen den Zyklus des Lebens mit den Stimmen von Glocken erzählt: Schlittenglocken, die Kinder auf einer winterlichen Fahrt begleiten, die Hochzeitsglocken eines jungen Paares, Sturmglocken, die bei einem Feuer Alarm schlagen und schließlich die Totenglocken auf dem letzten Weg des Menschen. Mit Anna Samuil (Sopran), dem Tenor Dmytro Popov und dem Bass-Bariton Vladislav Sulimski wählte Dmitrij Kitajenko drei hochkarätige Solisten, die den anspruchsvollen Partien mehr als gerecht werden. Der Tschechische Philharmonische Chor Brünn, weltweit gefragt für seine intensiven und stilsicheren Interpretationen, übernimmt die Chorpartien auf dieser Aufnahme.

Sergej Taneev (1856-1915), der einzige Schüler, den Peter Tschaikowsky je unterrichtete, nimmt einen besonderen Platz in der Geschichte der russischen Spätromantik ein. Bach, Händel und Mozart waren Zeit seines Lebens seine große Inspiration, und deren kontrapunktische Meisterschaft prägt bei allem russischen Kolorit auch die Chor-Kantate Ioan Damaskin (»Johannes Damascenus«). Aus dem Lebensweg des Kirchenvaters Johannes von Damaskus, der im 7. Jahrhundert  lebte, wählte Taneev einen Moment der Krise und des Umschlags: Der Theologe und Prediger, dem sein Redetalent den Beinamen »Der Gold verströmende« einbrachte, wandte sich von seinem bisherigen Leben ab und ins Kloster zurück. Aus einem langen Gedicht von Aleksej K. Tolstoj über Johannes von Damaskus wählte Taneev 16 Zeilen, die den Lebensweg des Menschen in Dunkelheit und Angst und seine Hoffnung auf Erlösung reflektieren. Er erschuf dazu wunderbare Stimmungsbilder, in denen sich die Klänge orthodoxer Kirchengesänge mit russisch gefärbten Melodien verbinden - ein außergewöhnliches Werk, dem Dmitrij Kitajenko, der tschechische Philharmonische Chor Brünn und das Gürzenich-Orchester mit Ak­ku­ra­tes­se und Leidenschaft begegnen.

Das Musikmagazin Pizzicato hat die Aufnahme im Juli 2020 mit einem Supersonic Award ausgezeichnet. → Zur Rezension bei Pizzicato.

Sergej Rachmaninow
»Die Glocken« Op. 35. Poem für Soli, gemischten Chor und Orchester (1913)

Sergej Taneev
»Johannes Damascenus« Op. 1. Kantate für gemischten Chor und Orchester Libretto von Aleksej Tolstoj (1883/84)

Anna Samuil Sopran
Dmytro Popov Tenor
Vladislav Sulimski Bass-Bariton
Tschechischer Philharmonischer Chor Brünn
Petr Fiala Choreinstudierung
Gürzenich-Orchester Köln
Dmitrij Kitajenko Dirigent

Aufgenommen am 14. bis 19. Juni 2018 in der Philharmonie Köln

Erschienen bei OehmsClassics
Audio-CD, Bestellnummer OC 470

Verfügbar bei zahlreichen Streamingdiensten

Eine unerhört geistreiche Interpretation

pizzicato, Remy Franck

»Die Glocken«

»Johannes Damaskus«

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