Frank Peter Zimmermann und David Afkham

Lack

Mo 19.04.2021
20:00 Uhr
Kölner Philharmonie

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Bohuslav Martinů

Suite concertante D-Dur (2. Fassung) für Violine und Orchester (1944)

Béla Bartók

Rhapsodie Nr. 1 für Violine und Orchester (1929)

Johannes Brahms

Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 68 (1876)

Die drei Orchesterwerke dieses Streams loten mutig den Klangraum aus auf der Suche nach neuen Dimensionen. Zugleich nehmen die Komponisten bewusst Bezug auf Klang- und Formtraditionen vergangener Zeiten. 

Béla Bartók, nicht nur Komponist, sondern auch Musikethnologe, griff in vielen seiner Werke auf das Volksmusik-Repertoire seiner Heimat zurück. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war er mit einem Phonographen durch die Wirtshäuser und Bauernhöfe entlegener Dörfer Ungarns, Rumäniens und Bulgariens gezogen. Was er da an originaler und originärer Musik zusammensammelte, fand auch Eingang in seine 1. Rhapsodie für Violine und Orchester. Ein feuriger Czárdás, sozusagen der Nationaltanz der Ungarn, ist der Motor dieses selten zu hörenden Werks, das trotz aller Bravour viel mehr ist als nur ein Effektstück. In eine archaische Welt entfesselter Ekstase entführt uns Frank Peter Zimmermann, schon lange und immer noch einer der weltbesten Geiger.

Auch Bartóks tschechischer Kollege Bohuslav Martinů verneigt sich in seiner Suite concertante für Violine und Orchester vor den musikalischen Urvätern: An spätbarocken Formvorbildern orientiert sich dieses brillante, mutige Werk, führt das Publikum mit Satztiteln wie »Toccata« oder »Aria« zunächst auf die falsche Spur. In seiner Mehrsätzigkeit kann man es durchaus als verkapptes Violinkonzert verstehen, und zwar als eines, das den Solisten in Grenzbereiche des Machbaren führt: Eine halsbrecherische Trapeznummer ohne Netz und doppelten Boden, genau richtig für den brillanten Frank Peter Zimmermann, für den jeder geigerische Hochseilakt ein entspannter Spaziergang ist.

Als »verschleierte Symphonien« bezeichnete Robert Schumann die Klaviersonaten des jungen Johannes Brahms. Ein Zitat, das den um eine Generation jüngeren Hamburger als einen Grenzgänger zwischen den Formen charakterisiert. 14 Jahre lang brauchte Brahms, ehe er in vielen inneren Kämpfen seine erste Sinfonie hervorgebracht hatte: eine kreative Phase des immer neuen Zauderns, Verwerfens und Suchens. Was für Bartók die Volksmusik und für Martinů die strenge Klarheit des musikalischen Barock bedeuteten, das war für Johannes Brahms das sinfonische Schaffen Beethovens: Ansporn, vermeintlich nie erreichbares Vorbild und Grund zur Hinterfragung der eigenen Fähigkeit als Komponist. Als die Erste schließlich geboren war, zeigte sich die zeitgenössische Kritik gespalten. Für uns offenbar sich ein Werk der dunkelglühenden Farben, der Melancholie, der Zerüttung zwischen Zweifel und unbedingtem Ausdruckswillen.

David Afkham, Chefdirigent des Spanischen Nationalorchesters, führt das Gürzenich-Orchester durch durch den Kosmos musikalischer Zukunftsvisionen im Blick zurück.

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