Diana Rohnfelder
Konzerte sind Augenblicke im Leben eines Musikers, auf die es ankommt. Da muss dann alles stimmen: Die eigene Leistung, das Instrument ... Was ist für Dich darüber hinaus noch entscheidend, wenn Du ein Konzert spielst?
Die mentale Einstellung ist superwichtig. Wie bei einem Sportler. Für solistische Auftritte brauche ich ein anderes Feeling, als wenn ich mit dem Gürzenich-Orchester ein großes Konzert spiele. Da stehe ich als Kontrafagottistin erst einmal nicht im Rampenlicht. Aber natürlich bereite ich mich auch darauf sehr gut vor. Es geht nicht nur darum, dass man das Stück gut kennt, sondern dass man mit allen Sinnen dabei sein will und darf.
Hast Du ein Ritual entwickelt, das Dir vor den Konzerten guttut?
Ich bereite das Stück vor und bin mir total bewusst darüber, was ich gleich im Konzert machen werde. Außerdem wähle ich mir vor einem Konzert ganz gezielt starke Sätze aus, die ich mir vorsage. Diese Sätze variieren, es ist nicht immer derselbe Inhalt, aber beispielsweise »Ich atme gut«, »Ich kann das« oder »Ich mache Musik«. Das hängt vom Stück ab – und natürlich davon, wie ich gerade drauf bin. Auf der Bühne heißt es dann einfach »loslassen«. Da denke ich an nichts mehr. Zumindest versuche ich es, das klappt nicht immer. Aber oft.
Innerlich bereitest Du Dich sehr bewusst auf die Konzerte vor. Welche Rolle spielt das Äußere bei einem Auftritt?
Vor jedem Konzert überlege ich mir, was ich anziehen werde. Ich möchte mich nicht unwohl fühlen. Es muss bequem sein, und es ist wichtig, dass man sich nicht selbst in eine Rolle presst, die man verkörpern möchte. Denn ich kann ja niemand anderes sein, als ich bin.
Wie würdest Du Deinen Stil beschreiben?
Schlicht, aber mit einer extravaganten Note.
Christian Dior soll gesagt haben, dass man die Eleganz einer Frau an ihren Schuhen erkennt. Würdest Du ihm zustimmen?
Ich mag extravagante Schuhe sehr gerne! Als Musikerin zieht man häufig Schwarz an. Meine Kleiderauswahl beschränkte sich dadurch eine ganze Zeit auf dunkle Farben. Irgendwann hatte dann eine Phase mit sehr bunten Hosen – und dann eben mit ausgefallenen Schuhen.
Du bist sehr jung ins Gürzenich-Orchester gekommen. Wie kam es dazu?
Ganz einfach: Es war eine Stelle frei und ich habe mich beworben. Meistens macht man nicht nur ein Probespiel, sondern man arbeitet richtiggehend eine Liste ab. Und irgendwann kommt man zu dem Orchester, bei dem das eigene Herz höher schlägt. So war es bei mir mit dem Gürzenich-Orchester.
Wie erlebst Du das Arbeiten und das Leben mit dem Orchester, gerade als sehr junges Mitglied?
Mir fällt es überhaupt nicht auf, dass es Altersunterschiede im Orchester gibt. Das Schöne ist, dass ich mir von den erfahreneren Kollegen sehr viel abgucken kann. Sie sind alle sehr unterstützend und motivierend! Bis jetzt bin ich zu jedem Orchesterdienst gerne gegangen.
Was reizt Dich gerade an den tiefen Tönen des Kontrafagotts?
Es vibriert schön, man kann den Klang spüren, man braucht viel Luft, aber vielleicht nicht so viel, wie man meinen würde. Man kann sehr locker dabei sein, es ist entspannend!
Vor welche Herausforderungen siehst Du Dich im Orchester gestellt?
Man muss sich gut einfügen können. Das Kontrafagott hat einen bedeutenden Wandel erlebt, die Instrumente sind besser geworden, die Spieler ebenfalls. Man darf also durchaus ganz selbstbewusst das Fundament des Orchesterklanges bilden. Es ist als rolle man einen Teppich aus, auf den sich die Kollegen im Orchester dann setzen und mitgehen können, das ist schön. Herausfordernd daran ist, dass die Intonation stimmt, dass sich der Gesamtklang von unten nach oben aufbaut – und nicht umgekehrt. Das ist sehr wichtig. Es ist schade, dass das Kontrafagott oft so wenig zur Geltung kommt. Ich möchte es solistisch mehr etablieren, deswegen wollte ich unbedingt Kontrafagottistin werden.
Das Programm des aktuellen Konzerts »Erwachen« dreht sich um Traum, Halbschlaf, und eben Erwachen … wo fühlst Du Dich persönlich wohl?
Ich liebe das Träumen und auch, dass man Träume haben darf. Aber ich brauche auch den Bezug zur Realität.
Gibt es einen Traum, den Du uns verraten kannst?
Ein großer Traum hat sich für mich ja bereits erfüllt, nämlich Musikerin im Gürzenich-Orchester Köln zu sein. Aber wenn ich darüber hinaus träumen darf, würde ich wahnsinnig gerne in den Sommermonaten im Bayreuther Festspielorchester spielen.
Man darf keine Angst vor Fehlern haben.
Diana RohnfelderMit François-Xavier Roth hast Du schon einige Uraufführungen gespielt. Wie führt er Euch als Orchester an ein neues Stück heran?
Besonders schön ist, dass man mit ihm niemals Angst haben muss. Er dirigiert einfach so deutlich und mit Leidenschaft, dass man alles spürt. Man weiß, wo man ist, er übernimmt das Ruder, man geht mit. Er nimmt alle mit ins Boot. Auch über die Hintergründe der Stücke erfahren wir sehr viel, das ist super interessant, denn der Kontext spielt ja auch eine wichtige Rolle.
Wie gehst Du damit um, wenn Dir etwas einmal nicht so gelingt, wie Du Dir es wünscht … bist Du sehr kritisch mit Dir?
Ich versuche, zu reflektieren, warum etwas nicht gelungen ist, was ich hätte besser machen können. Aber dann geht es weiter, vorwärts – und nicht zurück. Man darf keine Angst vor Fehlern haben.
Ist das etwas, das Dir auch sonst im Leben hilft? Hast Du das Gefühl, dass Dich Dein Dasein als Musikerin stärkt?
Für mich persönlich gibt es nichts Schöneres als Musik. Mein Tag beginnt mit Musik und hört mit Musik auf, egal, ob wir Konzertsaison haben oder nicht. Darauf kann ich mich stützen und möchte das nie anders haben.
Kann man mit Musik etwas sagen, was die Sprache nicht ausdrücken kann?
Mit Musik hat man eine eigene Ausdrucksmöglichkeit, eine eigene Art zu sprechen. Dass ich das kann, macht mich stolz. Es ist mit Musik sogar einfacher, manches auszudrücken, als mit Sprache.
Was fasziniert Dich im Orchester am meisten?
Manchmal entsteht in Konzerten eine ganz besondere Atmosphäre, so dass ich Zeit und Raum vergesse. Nur die Musik zählt, alle anderen Probleme spielen plötzlich keine Rolle mehr. Das ist nur durch das Miteinander mit den anderen Orchestermusikern und natürlich dem Publikum möglich. Diese Gänsehautmomente, wenn alle Zuhörer den Atem anhalten, faszinieren mich!
Interview: Nina Jozefowicz