Viel mehr als nur Zwölftonmusik
150 Jahre Arnold SchönbergIn dieser Saison feiern wir den 150. Geburtstag von Arnold Schönberg, und es gibt wohl kaum einen Komponisten, der so wunderbar zu unserem eigenen Blick auf das verwobene Ineinander von musikalisch Vergangenem und Zukünftigem passt. Wir laden Sie, unser Publikum, herzlich ein, den großen Lehrer, innovativen Erfinder, bedeutenden Theoretiker und kühnen Komponisten Arnold Schönberg neu oder auch erstmalig zu entdecken. Ohne Frage hat dieser Künstler Spuren in der Geschichte der Musik hinterlassen, zu denen sich alle nachfolgenden Musikerinnen und Musiker in irgendeiner Weise verhalten haben. Und nahezu alle kompositorischen Strömungen des 20. Jahrhunderts lassen sich in vielerlei Hinsicht auf das zurückführen oder beziehen, was Arnold Schönberg an neuartigen Denkansätzen in die europäische Musik eingebracht hat. Der Name Schönberg mag auch heute, mehr als sieben Jahrzehnte nach seinem Tod, noch kein Ticketseller wie Bach, Beethoven oder Brahms sein. Schönbergs Bedeutung für die Musikhistorie allerdings ist kein bisschen geringer einzuschätzen als die der illustren Kolleg*innen.
Musik soll nicht schmücken, sie soll wahr sein.
Arnold SchönbergDass Arnold Schönberg so viel mehr zu bieten hat als das allgegenwärtige Schlagwort Zwölftonmusik, das wollen wir in dieser Saison gemeinsam mit unserem Publikum erkunden. Gleich in unserem ersten Abokonzert widmen wir uns ausschließlich diesem Wegbereiter der musikalischen Moderne aus Wien. Lassen Sie uns gemeinsam erleben, welch mitreißende Intensität Orchestermusik entwickeln kann, nachdem Schönberg sie im Jahr 1909 mit den »5 Orchesterstücken op. 16« aus dem goldenen Käfig der Dur- und Moll-Tonalität befreit hat.
Nicht weniger faszinierend, aber überraschend spätromantisch begegnen wir Schönberg in seiner sinfonischen Dichtung Pelleas und Melisande. Hier erleben wir den Komponisten als genialen Dramatiker: »Ich komponierte die symphonische Dichtung ›Pelleas und Melisande‹ 1902. Sie ist ganz und gar von Maurice Maeterlincks wundervollem Drama inspiriert. Abgesehen von nur wenigen Auslassungen und geringfügigen Veränderungen in der Reihenfolge der Szenen, versuchte ich jede Einzelheit widerzuspiegeln.«
Und dass das Verhältnis dieses Komponisten zur musikalischen Tradition nicht als radikaler Bruch, sondern als tiefgründige Auseinandersetzung zu verstehen ist, werden wir mit eigenen Ohren in seinem Konzert für Streichquartett und Orchester wahrnehmen, das sich deutlich hörbar an keinen Geringeren als Georg Friedrich Händel anlehnt.
»Ich bin wohl unverdächtig populäre Gedanken zu haben.«
Arnold SchönbergIn unserem Sonderkonzert Über Leben werden wir das Melodram Ein Überlebender aus Warschau von Arnold Schönberg, der selbst aus einer jüdischen Familie stammte und 1933 in die USA emigrieren musste, zur Aufführung bringen: Eine musikalisch wegweisende und inhaltlich gleichwohl zutiefst erschütternde kompositorische Bezugnahme auf das Grauen des Holocausts.
Jubiläumsfeierlichkeiten ohne den Blick nach vorne in die musikalische Zukunft? Da hätte Schönberg selbst wohl protestiert. Das Gürzenich-Orchester Köln freut sich wie in jeder Saison auf packende Uraufführungen und ist gespannt darauf, die Spuren von Schönbergs Kunst in jüngeren und neuesten Kompositionen zu verfolgen. Als bedeutender Komponist und renommierter Lehrer hat der 1944 in Leverkusen geborene York Höller seinen ganz eigenen kompositorischen Weg nicht zuletzt auch in der Auseinandersetzung mit und der Abgrenzung von Arnold Schönberg gefunden. Wir bringen ein neues Werk für Orchester von York Höller zur Uraufführung.
Komponieren als fortwährende Suche nach der jeweils eigenen unverwechselbaren Klangsprache spiegelt sich auch im Schaffen der in Berlin lebenden südkoreanischen Komponistin Unsuk Chin (*1961) wider, die uns ebenfalls ein brandneues Werk für Orchester anvertraut. Die Welt der Musik ist in den Jahrzehnten nach und dank Arnold Schönberg wunderbar vielfältig und divers geworden. Neben bedeutenden Werken der Klassik und großen Sinfonien der Romantik haben wir für unser Publikum besondere Höhepunkte der zeitgenössischen Musik ausgewählt und werden diese mit einigen der weltweit besten Solistinnen und Solisten zu Ihnen ins Konzert bringen.
So beispielsweise ein furioses Klavierkonzert des Schweden Anders Hillborg, Lieder der finnischen Komponistin Kaija Saariaho und ein Genesis betiteltes Konzert für Violine und Orchester von Toshio Hosokawa aus Japan.
In diesem Sinne: Starten Sie mit Ihrem Gürzenich-Orchester Köln und mit freundlicher Unterstützung von Arnold Schönberg in unsere Konzertsaison 2024/25, brechen wir gemeinsam auf zu erlesenen Destinationen in der musikalischen Gegenwart und Vergangenheit. Es geht wie immer zurück in die Zukunft.